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Prominenter Rückenwind für Maststallgegner

BÄNTORF/BERLIN. Wer als Bürger "machtlos vor dem nächsten geplanten Maststall" stehe, brauche Unterstützung, meint die Interessengemeinschaft Bäntorf und hatte sich deshalb an die lokale Politik gewendet. Darauf eingegangen sei einzig die Kreistagsfraktion der Partei "Die Linke". Jetzt sichert sogar die Fraktionschefin im Bundestag ihre Unterstützung zu.

 

Infolgedessen hatten die Fraktionen der Linken im Bundestag und im Kreistag Hameln-Pyrmont sowie die Mitglieder der Interessengemeinschaft Bäntorf (IGB) nun zu einer Videokonferenz zum Thema "Soziale und ökologische Zukunft von Landwirtschaft und Ernährung – Hähnchenmaststall Bäntorf" eingeladen. Die Dewezet war dabei.

 

"190 000 Hähnchen, Hunderte Rinder und Schweine aus bislang insgesamt zwölf Mastbetrieben neben Biogasanlagen und 21 Windrädern; vom Horizont grüßt jeden Tag die Wasserdampfwolke der AKW-Kühltürme in Grohnde." Mit diesen Worten skizziert Bettina Schröder-Brautlecht, die Sprecherin der IGB, die seit Monaten gegen einen weiteren geplanten Hähnchenmaststall vor der Haustür kämpft (wir berichteten), die direkte Nachbarschaft der Bäntorfer. Und die bedeute Geruchsbelästigung, Lärm-, Schlagschatten-, Infraschall-, physische und psychische Belastung rund um die Uhr, Gülle en gros auf den Feldern, Nitratbelastung, Vermaisung, exzessiver Düngemitteleinsatz, Insektizide, Fungizide, Herbizide. Multiresistente Keime seien hier zu Hause. Dazu arme Artenvielfalt. Das alles schüre Ängste um gesunde Lebensqualität, koste Steuergelder, sei wenig förderlich für den gewünschten Tourismus. Sorge und Unzufriedenheit würden seitens Kommunalpolitikern und Landrat zwar zur Kenntnis genommen, jedoch nie ohne Hinweis auf geltendes Recht, das die Hände binde. "Wir fühlen uns durch die Missachtung unserer Befindlichkeiten durch die Gesetzgebung und unsere politisch gewählten Vertreter ausgeplant, abgehängt, machtlos", so die Sprecherin.

 

Angesichts von Klimawandel und Artensterben sei es, so zeige das Beispiel Bäntorf, längst fünf vor zwölf für die sozialökologische Agrarwende, betont Dr. Matthias Loeding, der agrarpolitische Sprecher der Kreistagsfraktion der Linken. "Wo bleibt das Wohl von Mensch und Tier, wenn Landes- und Bundesgesetze sowie EU-Subventionen immer noch solche Megabauvorhaben privilegieren? Was soll der Bauer unter Preisdruck tun, wenn er überleben will?", fragt er in die Runde. Klimawandel und Corona-Pandemie mahnten, dass es bei der Fleischproduktion eines Umdenkens bedürfe. Einer aktuellen Meldung der Deutschen Presseagentur zufolge, wonach seit Pandemiebeginn die Nachfrage nach Bioprodukten um 20 Prozent gestiegen sei, mache Hoffnung. "Hier bei Bäntorf/Hohnsen ergibt sich aus der geballten Vielzahl von Anlagen eine extrem konzentrierte Belastung", konstatiert Peter Kurbjuweit, der Fraktionschef der Linken im Kreistag. "Jede Anlage für sich genommen ist in Ordnung, die Summe jedoch schwer erträglich und rechtlich nicht berücksichtigt." Die Bürger müssten daher dringend in die Entscheidungsprozesse einbezogen, beraten, unterstützt werden: Dies zu tun, sei ein Versprechen der Linken an die IGB, so Kurbjuweit.

"Wir müssen endlich weg von der extremen Intensivierung der Massentierhaltung, von den mafiösen Zuständen im veterinären Kontrollwesen, von der Missachtung des Wohles von Mensch und Tier, von der Förderung nach Masse und Fläche, von dem extremen Preisdruck auf die Landwirte. Und es gibt Möglichkeiten", meint Amira Mohamed Ali, die Fraktionschefin der Linken im Bundestag. "Melden Sie sich jederzeit bei mir, wenn Sie Hilfe brauchen!"

 

"Unerträglich die Erfahrung, dass erst eine Katastrophe wie Corona das Arbeitsschutzkontrollgesetz in Schlachthöfen auf den Weg gebracht hat", befindet Jutta Krellmann, die heimische Bundestagsabgeordnete der Linken. "So darf es nicht weitergehen!"

 

Die IG Bäntorf zeigt sich am Ende sehr zufrieden mit der Videokonferenz. Mit der Unterstützung der Linken werde es weitere Anfragen an den Landkreis geben. Vielleicht wachten einige Leute auf, vielleicht gebe es mehr Aufmerksamkeit. Auf jeden Fall werde nicht nur in Sachen Hähnchenmaststall weiterhin mit den Bäntorfern zu rechnen sein, bilanzierte IGB-Sprecherin Bettina Schröder-Brautlecht.

Text: Ingrid Stenzel, Deister- und Weserzeitung vom 25.01.2021