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Kindern fehlt das Mittagessen

Keine Kita oder Schule – keine warme Mahlzeit / Linke: „Ein Skandal“

Für manche Kinder und Jugendlichen ist das Essen in der Schule oder Kita die einzige warme Mahlzeit am Tag. Doch wenn in der Corona-Pandemie diese Einrichtungen geschlossen werden, fällt dieses Essen weg. Eine Situation, die zwar seit nunmehr einem Jahr bekannt ist, doch Abhilfe gibt es kaum. Ein Skandal, meint Die Linke.

 

HAMELN-PYRMONT. Peter Kurbjuweit ist sauer. Er sorgt sich um die Schülerinnen und Schüler, die zwar Anspruch auf ein warmes Mittagessen in der Schule aus dem sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket haben, es aber nicht bekommen. „Es war schon schlimm, dass die leistungsberechtigten Familien kein Mittagessen im ersten Lockdown bekommen haben“, meint der Fraktionsvorsitzende der Linken im Kreistag. Doch auch im zweiten und inzwischen dritten Lockdown bleibt das Mittagessen für Kinder aus Elternhäusern, die auf Hartz IV oder Sozialhilfe angewiesen sind, auf der Strecke. „Bereits im März letzten Jahres hatten wir darauf gedrängt, sozial Benachteiligte zu unterstützen“, sagt Kurbjuweit und erinnert an einen sozialen Notfallfonds, den der Kreistag seinerzeit verabschiedet hatte, um soziale Härten auffangen zu können.

 

Zwar habe der Bund inzwischen reagiert. Die Linke verweist auf die Sozialschutz-Pakete, die Schülern aufgrund der Corona-Krise bereits seit Mai letzten Jahres das Recht einräumen, in der Corona-Krise auch außerhalb der Schule ein Mittagessen zu bekommen. Doch zu den Kommunen in Hameln-Pyrmont sei das offenbar noch nicht durchgedrungen. „Seit Monaten warten wir darauf, dass die Schulträger diesen Rechtsanspruch erfüllen und eine unbürokratische Möglichkeit für ein warmes Mittagessen anbieten“, beklagt Kurbjuweit. Lediglich in Bad Pyrmont gebe es inzwischen eine Lösung: Dort könnten sich Schüler nach Anmeldung ihr Essen in der Schulmensa abholen.

 

Nach Informationen der Linken halte die Kreisverwaltung eine Essenlieferung nach Hause für nicht umsetzbar, zumal auch nur wenige Familien danach gefragt hätten. Allerdings bezweifelt Die Linke, dass die Information über den gesetzlichen Anspruch auf ein warmes Mittagessen überhaupt bei allen berechtigen Familien angekommen ist. Zudem halte sie es für unverständlich, dass es für die Essenslieferung keine unbürokratische Lösung gebe.

 

„Das ist ein Skandal“, befindet Kurbjuweit. „Hier haben wir einen Fall, in dem der Bund Gelder bereitstellt, um den besonders Benachteiligten zu helfen, doch die Umsetzung vor Ort wird seit Monaten verschleppt. Soll hier auf Kosten der Schwächsten gespart werden?“ Deutliche Worte findet auch sein Fraktionskollege Dr. Matthias Loeding. „In einem der reichsten Länder der Welt muss es möglich sein, berechtigte Schülerinnen und Schüler mit warmen Mittagessen zu versorgen, das für manche die einzige warme Mahlzeit am Tag ist“, so Loeding. „Essen auf Rädern ist auch bis ins letzte Dorf möglich.“

Auf Anfrage der Dewezet teilt die Kreisverwaltung mit, dass die kreiseigenen Schulen ihre Schüler befragt und von diesen lediglich sechs Bedarf an Mittagessen bekundet hätten. „Aufgrund dieser doch sehr geringen Anzahl und der logistischen Herausforderung kam lediglich ein Anbieter für eine Essenslieferung infrage“, sagt Kreissprecherin Sandra Lummitsch. Da allerdings weder die benachbarten Landkreise Schaumburg und Holzminden, ferner Nienburg, noch die Stadt Hameln eine Essenslieferung nach Hause in Erwägung gezogen hätten, „wurde eine Umsetzung auch von hier zunächst nicht in Betracht gezogen“. Erst auf erneute Bitte der Linken sei „nunmehr die Möglichkeit geschaffen“ worden, „wonach sich Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ,Bildungs- & Teilhabe’-Leistungen aus unseren Landkreisschulen bei den Schulsekretariaten melden“ und dann über ein von einem Caterer nach Hause geliefertes Mittagessen verfügen könnten.

 

Bei der Stadt Hameln, an die sich in dieser Sache auch die Ratsfraktion der Linken gewendet hat, sei man sich zwar „der Problematik sehr wohl bewusst“, wie Stadtsprecherin Janine Herrmann auf Anfrage der Dewezet sagt.

 

Gelöst ist das Problem allerdings noch nicht. Zwar habe die Stadt beabsichtigt, Kindern und Jugendlichen aus Kindertagesstätten und Schulen, die aufgrund von coronabedingten Schließungen kein warmes Mittagessen mehr bekommen, sogenannte Kochboxen zukommen zu lassen. Diese Boxen beinhalten Rezepte und die jeweiligen Zutaten, sodass das Essen selbst zubereitet werden könne. Allerdings startete die Stadt erst ein gutes Jahr nach Beginn der Pandemie mit dem Vergabeverfahren, auf das zudem kein einziger Anbieter reagiert habe. „Von einer Wiederholung des Vergabeverfahrens haben wir mangels Aussicht auf Erfolg abgesehen“, so Herrmann. Ebenso wenig von Erfolg gekrönt sei der Versuch gewesen, vom Sozialhilfeträger Gutscheine für die Eltern für den Lebensmittelhandel zu bekommen.

 

Dabei ist die Anzahl der Kinder, die auf ein warmes Mittagessen angewiesen sind, offenbar nicht unerheblich. Die Stadt wisse von 1800 Kindern und Jugendlichen, die Anspruch auf Leistungen aus demBildungs- und Teilhabepaket hätten und gehe davon aus, dass 500 bis 700 davon auf ein Mittagessen in Kita oder Schule angewiesen sind. Ungleich mehr also, als die Schulen des Landkreises ermittelt hatten, wo nur sechs Schüler Bedarf angemeldet haben sollen.

 

Peter Kurbjuweit appelliert deshalb an die Eltern von betroffenen Kindern, sich bei den Schulsekretariaten der Schulen in Kreisträgerschaft oder unter der Rufnummer 05151/4084192 direkt bei den Linken zu melden, sie würden den Essenswunsch dann an die zuständigen Stellen weiterleiten.